Dachterrassen brauchen Gefälle

Situation

Im Zuge der Fertigstellung der Dachterrassen auf einer Wohnanlage wurden nach Regenfällen großflächige Wasserstände auf der Terrassenabdichtung mit einer Wasserstauhöhe bis zu 2 cm festgestellt.

 

Aus diesem Grunde wurde ich von der Wohnungsbesitzerin mit der Untersuchung und Beurteilung des Zustands der zu Ihrer Wohnung gehörenden Dachterrasse beauftragt.

 

Befunde am Objekt

Im Zuge eines Ortstermins während einer Regenperiode habe ich die Dachterrasse der Wohnung begangen und untersucht.

 

Hierbei war zu erkennen, dass nach Regenfällen großflächig Wasser auf der Oberseite der Abdichtung stehen blieb und nicht abgeführt werden konnte.

 

Stehendes Wasser auf der Terrassenabdichtung aufgrund eines fehlenden Gefälles.
Stehendes Wasser auf der Terrassenabdichtung aufgrund eines fehlenden Gefälles.
Die Höhe des Wasserstands auf der Abdichtung der Terrasse betrug zwischen 1 cm und 2 cm.
Der Wasserstand auf der Abdichtung der Terrasse war zwischen 1 cm und 2 cm hoch.
Die Höhe des Wasserstands auf der Abdichtung der Terrasse betrug zwischen 1 cm und 2 cm.
Die Höhe des Wasserstands auf der Abdichtung der Terrasse betrug zwischen 1 cm und 2 cm.

Beurteilung

Stehendes Wasser auf der Abdichtung

Im vorliegenden Fall wurde die Dachterrasse im Dachgeschoss als sogenannte Null-Grad-Dächer erstellt.

Hierdurch bildete sich nach Regenfällen eine geschlossene Wasserfläche mit einer von mir gemessenen Höhe des Wasserstands bis zu 2 cm.

Gemäß den Flachdachregeln ist bei Flachdächern eine „Pfützenbildung“ zulässig. Im vorliegenden Fall handelte es sich aber nicht mehr um eine Pfützenbildung, sondern um eine geschlossene Wasserfläche mit einer Wasseranstauhöhe von 2 cm.

 

Auf der Terrassenabdichtung stand vollflächig Wasser.
Auf der Terrassenabdichtung stand vollflächig Wasser.
Die Höhe des Wasserstands auf der Abdichtung der Terrasse betrug zwischen 1 cm und 2 cm.
Die Höhe des Wasserstands auf der Abdichtung der Terrasse betrug zwischen 1 cm und 2 cm.

Die Wasserfläche konnte nicht entwässert werden, da die Dachentwässerung höher lag als die Oberkante der Wasserfläche. Somit konnte das Wasser ausschließlich durch Verdunstung von der Dachfläche abgeführt werden. Eine solche geschlossene Wasserfläche auf Dachterrassen entspricht nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik.

Der allgemeine Grundsatz Wasser weg vom Bau wird im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Bei stehendem Wasser auf der Dachfläche muss mit folgenden Risiken gerechnet werden:

  •  Im Winter kann Eisbildung auftreten. Dieses Eis stellt für die Abdichtung, insbesondere für die Überlappungen und Anschlüsse, eine erhöhte Belastung dar. Das Eis wirkt sich „kerbend“ auf die Dachabdichtung aus, wodurch im Laufe der Zeit Undichtigkeiten entstehen können.
  • Aufgrund des fehlenden Gefälles und der fehlenden Wasserabführung muss im Laufe der Zeit mit einer „Verschlammung“ der stehenden Wasserfläche gerechnet werden. Zunächst bildet sich ein Mix aus biochemischen Abfallprodukten, zum Beispiel aus Laub, Staub und anderen organischen Stoffen. In der Folge wird dadurch der biologische und chemische Abbau der bituminösen Abdichtung beschleunigt.
  • Es bilden sich Nass-Trockenzonen im Sommer, welche an den Grenzflächen zu einer erhöhten Belastung der Abdichtung führen. Die thermischen Spannungen an den Übergangszonen zwischen nass und trocken stellen eine erhöhte Belastung der Abdichtung dar.
  • Bei Kunststoffdachbahnen muss mit Rotalgenbildung gerechnet werden, welche die Abdichtung angreifen und im schlimmsten Fall zerstören kann.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Alterungsverhalten der Dachabdichtung aufgrund des stehenden Wassers und der dadurch ausgelösten Belastungen deutlich verschlechtert wird.

 

Entwässerung der Dachterrasse

In Bezug auf die Fläche der Dachterrasse waren die Unterkanten der am Dachrand angebrachten Entwässerungsrohre so hergestellt worden, dass sie etwa 2 cm über der Abdichtungsoberfläche liegen. Dies bedeutet, dass keine vollständige Entwässerung der Dachfläche möglich ist. Nach jedem Regen tritt deshalb eine stehende Wasserfläche mit einer Mindestanstauhöhe von 2 cm auf. Dieses Wasser kann nicht abfließen, es ist lediglich eine Entwässerung durch Verdunstung möglich. Dies ist nicht fachgerecht.

 

Gefälle der Abdichtung

Flachdachrichtlinien

Entsprechend den Flachdachrichtlinien ist ein Abdichtungsgefälle von mindestens 2 % auf Balkonen/Terrassen erforderlich. Hiervon darf nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. Hierzu zählen:

·        infolge reduzierte Anschlusshöhen an Türen

·        konstruktiv vorgegebene Lage der Entwässerungseinrichtungen, die eine Gefällegebung nicht ermöglichen

·        Bestandsgebäude …

·        Intensivbegrünung …

·        baurechtliche Anforderungen …

Weiter ist hinsichtlich Pfützenbildungen in den Flachdachrichtlinien folgendes aufgeführt:

Pfützenbildungen können vorkommen und sind zulässig.

Stellungnahme:

Da es sich im vorliegenden Fall um einen Neubau handelte und keine besonderen räumlichen Einschränkungen vorlagen, bestanden keine begründeten Ausnahmefälle, welche eine Abweichung von der Anforderung nach den Flachdachrichtlinien hinsichtlich eines zweiprozentigen Abdichtungsgefälles auf den Terrassen begründen würden.

 

Bei der untersuchten Dachterrasse besteht keine "Pfützenbildung" mehr, sondern es liegt ein Wasseranstau bis zu 2 cm vor, der durch die etwas erhöht liegenden Abläufe nicht mehr abgeführt werden kann. Dies ist nicht fachgerecht und entspricht nicht den anerkannten Regeln der Technik.

 

DIN 18531-1, Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen

Auch in „DIN 18531-1, Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen - Teil 1: Nicht genutzte und genutzte Dächer - Anforderungen, Planungs- und Ausführungsgrundsätze“, wird ein Gefälle gefordert. Dort heißt es:

 

Die Abdichtung sollte, außer bei intensiv begrünten Dächern mit Anstaubewässerung, so geplant und ausgeführt werden, dass Niederschlagswasser nicht langanhaltend auf der Abdichtungsschicht stehen kann. Dazu sollte ein Mindestgefälle von 2 % geplant werden.

Dächer der Anwendungsklasse K1 können aber nach DIN 18531 auch ohne Gefälle geplant werden, wenn die Auswahl der Abdichtung die Anforderungen der Anwendungsklasse K 2 erfüllt.

 

 Hinsichtlich den Anwendungsklassen K1 und K2 wird folgendes aufgeführt:

 

Anwendungsklasse K1 (Standardausführung)

 

Die Abdichtung ist mindestens der Anwendungsklasse K1 zuzuordnen.

 

Anwendungsklasse K2 (höherwertige Ausführung)

 

Die Abdichtung kann der Anwendungsklasse K2 zugeordnet werden. Bei K2 sind eine erhöhte Zuverlässigkeit, eine längere Nutzungsdauer und/oder ein geringerer Instandhaltungsaufwand zu erwarten.

 

 Stellungnahme:

Auf der Grundlage der DIN 18531 ist prinzipiell auch die Ausführung einer gefällelosen Terrassenabdichtung zulässig. Hierbei handelt es sich aber um die Standardausführung nach der Anwendungsklasse K1 und nicht um eine höherwertige Ausführung nach der Anwendungsklasse K2.

 

Es muss im vorliegenden Fall deshalb im Vergleich zur höherwertigeren Ausführung der Anwendungsklasse K2 mit einer

 

·        deutlich geringeren Nutzungsdauer und einem

 

·        höheren Instandhaltungsaufwand

 

gerechnet werden.

Außerdem wird die Anforderung der DIN 18531, nämlich dass das Niederschlagswasser nicht langanhaltend auf der Abdichtungsschicht stehen bleiben darf, nicht erfüllt. Im vorliegenden Fall verbleibt nach Regenfällen eine dauerhaft stehende Wasserfläche auf der Terrassen- und Dachabdichtung mit einem Wasserstand von etwa 2 cm.

 

Und die Moral von der Geschichte...

 

Die vorliegende Konstruktion der Dachterrasse war nicht fachgerecht und entsprach nicht den anerkannten Regeln der Technik.

Es wäre die Herstellung einer Abdichtung im Gefälle notwendig gewesen um dem Grundsatz Wasser weg vom Bau zu erfüllen.

 

Das könnte Sie auch interessieren:

Selbstkompostierendes Dach
Selbstkompostierendes Dach
Schaden an einem Flachdach
Schäden an einem Flachdach

Kommentar schreiben

Kommentare: 0